Dokumentarfilm aus dem Jahr 1978
Das Magazin profil vom 23. September schreibt über die feudalen Strukturen beim Jagen: »Das Wilderer-Massaker spielt in einem Bundesland, in dem die Jagd nicht nur Freizeitvergnügen, sondern auch Netzwerk ist, mehr als in jedem anderen Winkel dieser Republik. Wer Karriere machen will, geht auf die Jagd; wer jagen geht, trifft unweigerlich auf einflussreiche Prominenz aus Politik, Wirtschaft und Behörden; wer seinen Erfolg nicht gefährden will, legt sich nicht mit Jägern an.«
Ende der Romantik
Unter Kaiser Maximilian I., der ein leidenschaftlicher Jäger war – der »um nichts zorniger geworden ist als allein um des Wildbrets willen« – entstand ein neues Jagdrecht, das die bäuerliche Bevölkerung besonders hart traf: Hatten doch die Mächtigen schon die alten Wald-, Wasser- und Weiderechte der Gemeinden empfindlich beschnitten oder an sich gerissen, nun durften die Untertanen auch nicht mehr auf die Pirsch gehen.
Maximilian war am Wohlergehen des geliebten Wildes weitaus mehr interessiert als an dem seiner Untertanen. Die Verzweiflung und die Wut der Untertanen wuchs und trotz aller Verbote und Strafandrohungen kam es in besonders gefährdeten Tälern Tirols zu Massenwildereien.
Heldenimage Das teils romantisierte und idealisierte, teils verniedlichte und zum Klischee erstarrte Bild des Wilderers hat sich bis in unsere Tage herauf erhalten. Unzählige Wilderer profitierten von einem Heldenimage, obwohl sie keineswegs mehr die aufrührerischen, sozial begründeten Motive hatten; sie wildern aus Not, aus Leidenschaft, aus unbändigem Ehrgeiz, aus Rache, aus Hass, aus Neid, um ihre verlorene Ehre wiederherzustellen.
Pirschkumpane Ganz im Gegenteil: Die gefürchtetsten und geschicktesten unter ihnen ließen sich oft allzu bereitwillig von einem klugen Jagdherrn, der in seinem Revier endlich Ruhe haben wollte, als Aufsichtsjäger anwerben und dienten diesem dann besonders treu und ergeben, indem sie mit äußerster Strenge und Schläue gegen ihre ehemaligen Pirschkumpanen vorgingen.
Rollenwechsel Heute gibt es genug Wilderer, die geübt sind im Rollenwechsel – falls man ihnen Gelegenheit dazu gibt: über Nacht können sie zu soliden Jagdkartenträgern, zu Jägern und Revierpächtern werden…
[aus einer STERN-Reportage von Bert Breit aus dem Jahr 1978]
Wildererleben Dokumentarfilm aus dem Jahr 1978
Dauer 51 Minuten
Sprecher Axel Corti
Buch, Regie und Musik Bert Breit