Exkursion mit Elisabeth und Gerhard Larcher
Seit 25 Jahren kuratiert das Absamer Ehepaar Elisabeth und Gerhard Larcher den »Kunstraum Kirche« – in der Fastenzeit öffnet sich dabei die oft bis in den letzten Winkel mit historischen Kunstwerken angefüllte Katholische Kirche in Tirol für Interventionen zeitgenössischer Kunst.
Heuer hat der Tiroler Künstler Anton Christian an der Stiege zum Innsbrucker Dom ein zentrales Bild des Christentums thematisiert: das Boot. »Zerschellt an den Klippen eines christlichen Europas« soll Christians Boot ein Mahnmal zur Erinnerung an die Flüchtlinge sein, deren Hoffnungen im tosenden Meer vor Lampedusa untergehen.
zerstört
Die Installation wurde am 18. März zerstört, aber auch als eine Art »Skelett« thematisiert sie die Phrase vom »vollen Boot« und realisiert damit einen zentralen Aspekt zeitgenössischer Kunst: den Prozess-Charakter.
Kunst lässt sich nicht länger als isoliertes Phänomen betrachten, das eigenen Regeln folgt und keinen Bezug zur Außenwelt hat. Der gesellschaftliche Hintergrund eines Kunstwerks wird sichtbar (in diesem Fall durch die Zerstörung) und damit bewusst wahrnehmbar gemacht. Damit hat »Kunstraum Kirche« einen bedeutenden Beitrag zur Kritik des destruktiven Potentials der Metapher vom »vollen Boot« geleistet:
Geht doch die Formulierung »Das Boot ist voll« als Argument gegen Flüchtlinge auf ein christliches Blasmusikfest im Jahr 1942 zurück.
kontext
Der Schweizer Bundesrat Eduard von Steiger, unter dem Banner »Euer Meister Christus« stehend, versuchte damit die umstrittene Schweizer Flüchtlingspolitik im Zweiten Weltkrieg zu rechtfertigen. Nach dem Anschluss Österreichs im März 1938, als Tausende Juden an die Schweizer Grenze drängten, wurde diese vorübergehend geschlossen. Der Schweizer Bundesrat nahm Verhandlungen mit der deutschen Reichsregierung auf und verlangte die Kennzeichnung der Pässe deutscher Juden. Anfang Oktober 1938 wurde der »J«-Stempel eingeführt …
treffpunkt
Vor dem Innsbrucker Dom
am Samstag, 5. April,
um 11 Uhr.