Eine Radiocollage über Michael Gaismair
In Tirol entstand vor 489 Jahren die politische Utopie einer egalitären, aber geschlossenen Gesellschaft:
Der Jurist Michael Gaismair hatte 1525 in seinen zwei Landesverfassungen Grundzüge eines totalen christlichen Staates formuliert.
Religionsmacht
Seine politischen Forderungen lesen sich, mitten im Feudalismus formuliert, als aussagekräftige Beschreibung der Machtverhältnisse in Tirol:
Gleichheit vor dem Gesetz und die Erstellung eines Gesetzbuches, Privilegienabbau der Adligen, Wahl der Richter und eine Besoldung, die sie von Strafeinnahmen unabhängig macht, Abschaffung der weltlichen Macht der Kirche, Wahl der Pfarrer durch das Volk, Abgaben an die Kirche nur für soziale Einrichtungen.
Systemkonflikt
Tirol war um 1500 ein wirtschaftliches und technologisches Zentrum in Europa: In den über zweihundert Schwazer Stollen förderten tausende Knappen jährlich ca. 25 Tonnen Silber und 2.000 Tonnen Kupfer.
1525 hatten Knappen, Bauern und Bürger, wie Gaismair einer war, gegen die rückwärts gewandte Macht von Adel und Klerus in Tirol aufbegehrt. Das, was wir heute als Tiroler Bauernkrieg bezeichnen, wird in den habsburgischen Ländern zu einem » sozialen Systemkonflikt « ( so der Historiker Jürgen Bücking ).
Gaismair spielt dabei eine wichtige Rolle, nicht nur mit seiner im Schweizer Exil verfassten Landesordnung, in der für Obrigkeiten wie die Habsburger kein Platz mehr sein sollte.
Chronik
Die Radiocollage, die im Titel Anleihe bei Georg Büchners Hessischem Landboten nimmt, versucht, die verwickelten Ereignisse um das Jahr 1525 und die unterschiedlichen Interessen in diesem kämpferischen, aufbegehrenden Konflikt zu rekonstruieren.
Text, Regie und Musik Bert Breit.
Zuhören
Freitag, 8. August, 20 Uhr
Sonntag, 10. August, 16 Uhr