Eine Reportage aus Novi Pazar
Im »Tal der Jeans« in einer serbischen Jeansfabrik arbeitete Muhamed Beganovic undercover.
Seine Reportage Nähen für Fälscher zeigt exemplarisch, wie die Jeans-Piraterie auf dem Balkan funktioniert:
»Die Manufaktur sieht von aussen unauffällig aus. Sie ist versteckt in einem ehemaligen Lebensmittelladen mit rostigen Eisenstangen an den Fenstern. Ich sperre die Tür hinter mir zu. Der Raum ist gute zwanzig Meter breit, zehn Meter lang und sieht deprimierend aus. Weiss gestrichene, nackte Wände, von denen der Verputz bröckelt. Es gibt kein natürliches Licht, denn die Fensterscheiben sind mit Papier tapeziert.
In meiner Zeit hier bin ich zum Experten fürs Knopfloch-Nähen avanciert. Die elektrische Nähmaschine an meinem Arbeitsplatz war irgendwann bestimmt weiss, mittlerweile hat sie eine gelbliche Farbe. Sie steht auf einem schmutzigen Tisch voller Risse, Kratzer und kleiner Löcher.
Ich sitze auf einem alten Schulsessel aus Sperrholz, ohne Rückenlehne. Wozu auch?, fragte mein Chef Denis spöttisch. Ich würde ohnehin den ganzen Tag über die Maschine gebeugt verbringen. Meine Kollegen sitzen auf ähnlich monströsen Sesseln oder auf ausgedienten Ikea-Küchenhockern.
Ein paar haben Sitzkissen von zu Hause mitgenommen. Ich wusste zuerst nicht, wozu die gut sein sollen, bis ich mir am allerersten Arbeitstag eine schlimme Steissbeinentzündung holte. Das passiert, wenn man zu lange auf einem Möbelstück sitzt, welches ebenso gut für Folterzwecke verwendet werden könnte.
Neben dem Tisch liegt ein kleiner Berg Jeans von gestern. Jedes Paar kriegt ein Loch. Es ist die leichteste Aufgabe im Haus, und ich mache sie wirklich gerne.«
Eintrittfrei