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  • Zum 199. Geburtstag des Fahrrads

    2016-09-09

    Zum 199. Geburtstag des Fahrrads

    Führung und Vortrag

    Führung und Vortrag
    Freitag, 9. 9. um 20 h ,
    am Samstag, 10. und
    am Sonntag, 11. 9.
    um 16 h

    Ein für den 1908 gegründeten »Radfahrerclub Absam« gemaltes Schild macht die Bedeutung, die das Fahrrad als erstes individuelles Massenverkehrsmittel hatte (das Pferd war der Arbeit und der Elite vorbehalten gewesen), sichtbar:

    Der mit seiner Kappe grüßende Radfahrer nimmt in hohem Tempo Abschied von der Enge des Dorfes. Die Aussicht auf ein Ziel jenseits des immer Gleichen lässt ihn umso kräftiger in die Pedale treten – das bringt den Staub des Fahrweges eindrucksvoll zum Aufwirbeln.

    Aber auch Arthur Canon Doyle hat die emotionale Bedeutung des Fahrrads plastisch beschrieben:

    »Wenn du niedergeschlagen bist, wenn dir die Tage immer dunkler vorkommen, wenn dir die Arbeit nur noch monoton erscheint, wenn es dir fast sinnlos erscheint, überhaupt noch zu hoffen, dann setz’ dich einfach auf dein Fahrrad, um die Straße herunterzujagen – ohne einen Gedanken an irgendetwas anderes außer deinen wilden Ritt.«

    Emotionsbestimmte Technik

    Heute steht ein anderer Aspekt des Radfahrens im Zentrum. Viele sprechen davon, dass der Verkehr das Klima verändert. Die Geschichte des Fahrrads aber beweist, dass es auch anders herum gehen kann: Eine globale Klimaveränderung gab vor 199 Jahren den Anstoß zur Entwicklung dieses neuen, ganz besonders klimafreundlichen Verkehrsmittels: 1815 brach der Vulkan Tambora auf der indonesischen Insel Sumbawa aus.

    Das durch die Eruption in die Erdatmosphäre gelangte Material bewirkte eine temporäre weltweite Wetterveränderung. Der Sommer des Jahres 1816, im Volksmund »Jahr ohne Sommer« genannt, war der kälteste seit Beginn der Wetteraufzeichnungen. Auch Europa erlebte Ernteausfälle, Hungersnöte und Wirtschaftskrisen. Und ein Mann dachte über Mobiltät vor dem Hintergrund des schrumpfenden Pferdebestandes nach: Wie ließen sie sich ersetzen? Karl Freiherr von Drais präsentierte im Juni vor 199 Jahren in Mannheim sein »Velociped« – ein hözernes Laufrad mit lenkbarem Vorderrad.

    Ausgebremst

    Die  Draisine galt jedoch rasch als »Symbol des Dandytums«, das vielerorts den Volkszorn erregte. Damit auf Gehwegen zu fahren, wurde verboten. Auf den schlechten Straßen machte das Zweirad angeblich die Pferde scheu. Das neue, aus heutiger Sicht ökologisch günstigste Transportmittel, wurde vom Neid ausgebremst. Ein schönes Beispiel für emotionsbestimmte Sozialkontrolle der Technik.

    Führung und Vortrag

    Am kommenden Wochenende erzählen wir im Gemeindemuseum Absam diese Geschichte auch anhand der beeindruckenden Objekte bei uns im Haus – darunter der Nachbau einer Draisine, ein doppelt gefedertes Whippet-Rad aus der Prä-Dunlop-Ära, das Gruppenfoto von der Gründungsversammlung des Radfahrerclubs Absam u. v. m. …

    Eintritt frei

  • Historische Nieten – Blue Jeans und Eiffelturm

    2016-09-02

    Historische Nieten – Blue Jeans und Eiffelturm

    Ein Vortrag

    Vortrag
    Freitag, 2. September um 20 Uhr und
    am Sonntag, 4. September um 16 Uhr

    Indigo, Stahl, ein englischer Gärtner, der Panamakanal, Buttenheim, Paris, Nimes, Genua … und die Moderne.
    EINTRITT frei

    Der Soziologe Max Weber hat 1919 über die Veränderungder Welt durch Industrie und Technik folgendes geschrieben: »Die zunehmende Intellektualisierung und Rationalisierung bedeutet also nicht eine zunehmende allgemeine Kenntnis der Lebensbedingungen, unter denen man steht. Sondern sie bedeutet etwas anderes: das Wissen davon oder den Glauben daran: daß man, wenn man nur wollte, es jederzeit erfahren könnte, daß es also prinzipiell keine geheimnisvollen unberechenbaren Mächte gebe, die da hineinspielen, daß man vielmehr alle Dinge – im Prinzip – durch Berechnen beherrschen könne. Das aber bedeutet: die Entzauberung der Welt.« Diese Entzauberung war aber nicht nur eine intellektuelle Leistung, sondern auch eine Folge der modernen Warenwelt.

    Als vor 129 Jahren, im Jänner 1887, die Bauarbeiten für den Pariser Eiffelturm begannen, waren seine Tage eigentlich schon gezählt: Zwei Jahrzehnte sollte dieses nutz- und vor allem geheimnislose Bauwerk für die französische Ingenieurskunst werben – als Bauwerk, das sich selbst erklärt – und dann ab in Richtung Schrottpresse … Aber es kam ganz anders.

    Bereits 15 Jahre vor dem Turm wurde ein anderes Symbolder Moderne patentiert. 1872 hatte das Patentamt in Washington ein Dokument für eine Hose, deren Taschen mit Nieten verstärkt waren, ausgestellt. Inhaber des Patents waren die beiden Schneider Levi Strauss und Jacob Davis.

    Turm und Hose sind zu Ikonen der Moderne geworden. Was die beiden miteinander zu tun haben, erfahren Sie am Freitag, 2. September um 20 Uhr und
    am Sonntag, 4. September um 16 Uhr im Gemeindemuseum Absam.

  • »Ich baue Wohnungen und keine Konservenbüchsen«

    2016-08-26

    »Ich baue Wohnungen und keine Konservenbüchsen«

    Die Weissenhofsiedlung in Stuttgart – Vortrag

    In der Weissenhofsiedlung in Stuttgart haben 17 Architekten unter der Leitung von Ludwig Mies van der Rohe 1927 eine Mustersiedlung gebaut. Sie sollten die Frage beantworten, wie künftig gewohnt und gelebt werden kann. In wenigen Monaten entstanden insgesamt 63 Wohnungen.

    Das Konzept war: Häuser sollten nicht mehr der Repräsentation dienen, sondern im Zentrum standen Bedürfnissen der Bewohner – vor allem Luft und Licht sollten sie bieten.

    Die Tuberkulose anstelle von verschnörkeltem Jugendstil prägte die Planung: würfelförmige, schmucklose Gebäude mit großen Fenstern und Dachterrassen. Die Nationalsozialisten diffamierten die Siedlung als »Araberdorf«, im Zweiten Weltkrieg wurde ein Teil der Häuser zerstört.

    Mies van der Rohe ging bei seinen Überlegungen zur Weissenhofsiedlung von einer »Plastik« aus. Er wollte ein neues Lebensgefühl schaffen mit der Vermittlung von fließendem Raum von Innen nach Außen.

    Sein Motto war: »Ich baue Wohnungen und keine Konservenbüchsen. […] Ich halte es dort am Weißenhof für notwendig, einen neuen Weg einzuschlagen, da ich mir bewusst bin, dass ein neues Wohnen sich über die 4 Wände hinaus auswirken wird. Hier kommt es nicht darauf an, einen mustergültigen Bebauungsplan im alten Sinne aufzustellen, sondern ich will wie im Bauen, so auch hier Neuland erobern. Darin sehe ich überhaupt den Sinn, den einzigen unserer Arbeit.«

    So wurden zum Beispiel die Forderungen der Medizin der 1920er Jahre nach Berücksichtigung der Hygiene im Wohnungsbau, nach der Möglichkeit Luft- und Sonnenbäder direkt bei der Wohnung zu nehmen, tägliche Gymnastik im Zusammenhang mit dem Bad zu betreiben, von nahezu allen Architekten zum Kern ihrer Entwurfsidee gemacht.

    Peter Behrens ordnete bei jeder Wohnung eine Terrasse oder einen großen Balkon an, damit die Tuberkulose-Kranken der Familie an der frischen Luft gebettet werden konnten. Und Hans Scharoun plante für sein Haus am Weissenhof einen fast freistehenden Küchenblock, von dem man in den 60er Jahren meinten, man hätten ihn gerade neu der Menschheit geschenkt.

    Doch das alles galt den Traditionalisten nichts. Sie sahen das flache Dach und sahen rot. Der sich als Rassentheoretiker versuchende Architekt Paul Schultze-Naumburg meinte gar, nur das schiefe Dach sei »nordisch-germanisch«, das flache Dach sei »undeutschen, kleinasiatischen oder gar noch südlicheren und verruchteren Ursprungs.«

    In der Folge waren nicht nur die kurze moderne Phase des Tiroler Architekten Lois Welzenbacher von der Weissenhofsiedlung beeinflusst, sondern ihre Spuren reichen bis zur Gegenwart.

    So bezieht sich der Pritzker-Preisträger 2016, der chilenische Architekt Alejandro Aravena, mit seinem partizipatorischen Elemental Design-Manual für 7500-Dollar-Häuser explizit auf die Bauten in Stuttgart, denn ein halbes Haus ist bedeutend mehr als ein kleines Haus …


GemeindeMuseumAbsam
Im alten Kirchenwirt
Walburga-Schindl-Straße 31
A – 6067 Absam

Öffnungszeiten
Freitag 18 – 20 Uhr
Samstag 14 – 17 Uhr
Sonntag 14 – 17 Uhr

Information und Führungen
Matthias Breit 
0 676 / 84 05 32 700
kontakt@absammuseum.at

Kontoverbindung
Museumsverein Absam
IBAN: AT98 3620 0000 0003 1542 
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