Ein Fotoalbum von der Kuranstalt Wiesenhof dokumentiert lokale jüdische Geschichte in Tirol
Eine Ausstellung im Gemeindemuseum Absam von 9. November bis 29. Dezember 2024
PDF-Einladung
Jeden Samstag und Sonntag um 15 Uhr Führung durch die Ausstellung
1938: Wiesenhof in Absam beschlagnahmt
Im März 1938 leitete die anthroposophisch orientierte Kuranstalt Wiesenhof in Absam seit zehn Jahren der jüdische Arzt Norbert Glas aus Wien. Bereits 1920 hatte Glas einen der Begründer der Anthroposophie, Rudolf Steiner, persönlich kennengelernt. Nach dem Einmarsch der Wehrmacht am 12. März 1938 führte die SA auf der Basis von Vorabinformationen und der »bisherigen Überwachung« durch illegale Tiroler Nazis noch am selben Tag von »6 Uhr [am Morgen] bis nach 3 [am Nachmittag]« eine Durchsuchung am Wiesenhof durch. Eine Augenzeugin berichtete, dass dabei alle Patientenzimmer durchkämmt und einzelne Patienten einer Leibesvisitation unterzogen wurden. Die SA erklärte den Wiesenhof daraufhin für beschlagnahmt, sein Leiter Norbert Glas sollte verhaftet werden. Nur weil auch schwerkranke Patienten dringend zu behandeln waren, hat man schließlich auf seine Festnahme verzichtet.
Norbert Glas und seiner Ehefrau Maria, die ebenfalls Jüdin war, konnten schließlich mit Hilfe aus Wien noch rechtzeitig die Flucht nach England antreten. Die »Gnadenwalder Kuranstalt« wurde beschlagnahmt. 1941 enteignete der Gauleiter Franz Hofer die Nachfolger der Familie Glas und übergab den Wiesenhof der »Nationalsozialistischen Volkswohlfahrt« NSV, die dort ein auf völkisch-rassistischer Grundlage »sorgendes« Müttererholungs-, Säuglings- und Kinderheim einrichteten, in das in der Folge auch Kinder von Frauen, die die Gestapo-Innsbruck in Haft nahm, verschleppt wurden.
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1951: Wiesenhof in Tel Aviv aufgebaut
Im August 1951 fand sich im Haller Lokalanzeiger diese kurze Notiz:
»Erinnerung an Gnadenwald. Sechs ehemalige Insassen des Lagers Wiesenhof, die nach Israel ausgewandert sind und sich in Tel Aviv ein Siedlungshaus erbaut haben, benannten das neue Haus Wiesenhof in Erinnerung an ihren vieljährigen Aufenthalt.«
Von 1945 bis 1949 waren der Wiesenhof und der Gnadenwalderhof als DP-Camp für Überlebende des Holocaust eine wichtige Station auf ihrer Flucht aus Europa gewesen. Über die humanitäre und politische Lage in Osteuropa ab 1945 und das Fortbestehen des Antisemitismus über den Nazismus hinaus schreibt der Historiker Thomas Albrich: »Grenzverschiebungen, Zwangsumsiedlungen, Antisemitismus und nicht mehr rückgängig gemachte Enteignungen ließen bei vielen Juden den Wunsch nach Flucht, Auswanderung und Neuanfang entstehen. Weg von diesen Stätten des Grauens und einer wenig freundlich gesinnten Umwelt. Dieser Wunsch wurde von einer Reihe jüdischer Organisationen unterstützt, die den dringenden Wunsch der Menschen nach Heimat und Sicherheit in Richtung Palästina – Eretz Israel – lenkten. Auf diese Weise entstand eine der größten nichtstaatlich organisierten Fluchtaktionen, die es in Europa je gab. Von 1945 bis 1948 wurden etwa 250.000 Juden aus Osteuropa illegal in die westlichen Besatzungszonen geschleust. Rund die Hälfte dieses illegalen Flüchtlingsstromes, 120.000 bis 125.000 Menschen, ging über Salzburg. Davon wiederum gelangten 50.000 über verschiedenste Wege weiter nach Italien.« Dass beide Hotels bis vor dem Anschluss 1938 in jüdischem Besitz gewesen sind, war für die Entscheidung sie als Zwischenstationen des jüdischen Exodus aus Europa zu nutzen ein entscheidender Faktor.
Eintrittfrei