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  • Schnitte in die sichtbare Oberfläche, um tiefere Schichten freizulegen.

    2011-12-08

    Schnitte in die sichtbare Oberfläche,
    um tiefere Schichten freizulegen.

    Gespräch mit Marlene Streeruwitz

    Marlene Streeruwitz, eine Autorin die keine Trennlinie zwischen Ästhetik und politischem Standpunkt zieht, entwirft in ihrem neuen Roman »Die Schmerzmacherin« eine Welt nach der Auflösung des staatlichen Gewaltmonopols.

    Sie spielt ein Szenario durch, das weit weniger fiktiv ist, als den Lesern lieb sein dürfte: Was geschieht mit unserer Freiheit, wenn sich staatliche Souveränität in Netzwerken auflöst?

    Amy unterzieht sich einer Ausbildung in einer Sicherheitsfirma. Das Unternehmen ist unter anderem in den Afghanistan-Krieg involviert und hat sich dort auf Folterverhöre spezialisiert.

    In ihrer neunmonatigen Ausbildung zur Sicherheitsagentin lösen sich die Grenzen zwischen Simulation und tödlichem Ernst auf. Amy kann nicht mehr unterscheiden, ob sie gerade trainiert oder ob sie schon um ihr Leben ringt. »Hier war alles ein Vergleich. Alles war, als ob. … Ich habe Angst und weiß nicht, wovor oder warum.«

    Der Text greift auf seine Leser über. Die Sprache misstraut ganzen Sätzen, »weil diese mit ihrer heilen Oberfläche eine Aussagesicherheit versprechen, die sie nicht halten können.« (FAZ) Er führt mit seinem komplexen Bedrohungsszenario hinein in die Gegenwart der Leser: Amys Geschichte entwickelt, was passiert, wenn Staaten ihre Sicherheitspolitik in die Hände privater Unternehmen legen und das politische Feld zu einem Wirtschaftssektor machen.

    »Literarisches Schreiben und Lesen sind, wie alle Prozesse von Sprachfindung, mögliche Formen des In-sich-Hineinblickens. Sind Schnitte in die sichtbare Oberfläche, um tiefere Schichten freizulegen. Sind Forschungsreisen ins Verborgene. Verhüllte. Mitteilungen über die Geheimnisse und das Verbotene. Im günstigsten Fall führt literarisches Schreiben und Lesen zur Erkenntnis.« (Marlene Streeruwitz)

  • Fotogalerie wheels of change

    2011-11-12

    Fotogalerie wheels of change

    Eine Ausstellung spektakulärer Fahrräder im Gemeindemuseum Absam

    wheels of change
    Fahrräder im Gemeindemuseum Absam erzählen nicht nur Technikgeschichte

    Im Juni 1908 gründete eine Gruppe junger technikinteressierter Männer im Gasthof Aufschneiter (der spätere Kirchenwirt und heute das Gemeindemuseum) den Radfahrer Club Absam. Dass es ein Club und noch kein Verein war, verweist auf das Ursprungsland des modernen Fahrrades – auf England.

    Dort stellten ehemalige Nähmaschinenfabrikanten um 1890 die ersten serientauglichen so genannten Niedrig-Räder her. Feinmechanik und die Rollenkette waren die Voraussetzung für die paradoxe Maschine Fahrrad, die auf dem Prinzip des dynamischen Gleichgewichts beruht: Stabilität – das Fahren ohne umzufallen – stellt sich ja am Fahrrad erst in der Bewegung ein – das Rad ruht nur in der Bewegung im Gleichgewicht.

    Ein weiteres wichtiges Element der modernen Maschine Fahrrad war Ende des 19. Jahrhunderts, dass es das erste Verkehrsmittel war, das Selbstbestimmung – heute würde man sagen Mobilität – zugelassen hat. Während man in der Eisenbahn nur Gepäck war (so hat es einer der zahlreichen Befürworter des Fahrrades 1895 polemisch ausgedrückt), konnte man mit dem Rad individuell reisen.

    Und ein Blick auf das Metallschild, das im Sommer 1908 für den Fahrrad Club Absam gemalt wurde – ein begeisterter junger Mann beschleunigt Staub aufwirbelnd und das Dorf hinter sich lassend sein Rad in den Absamer Feldern –, zeigt, mit welcher Reiselust das Radfahren verbunden gewesen sein muss.

    Neben der Reiselust hat das Fahrrad aber auch Experimentierlust immer wieder anregt – das sieht man den derzeit im Gemeindemuseum Absam ausgestellten Räder des Wiener Designers und Architekten Michael Embacher auf den ersten Blick an.

    So zeigen diese Räder, dass im 20. Jahrhundert nicht nur das Auto einen typisch französischen, italienischen oder englischen Zuschnitt haben konnte, sondern auch Fahrräder.

    Französischer Luxus auf einem »Mercier«-Rad aus dem Jahr 1950 bedeutete: Kotflügel im Wellen-Design, eine durch das Vorderrad angetriebene Glocke, zwei Scheinwerfer vorne und zwei Trinkflaschen … und alles aus Aluminium gefertigt.

    Aber auch beim bereits 1937 gebauten »Funicolo« hatte der französische Konstrukteur Jacques Schulz seiner Extravaganz freien Lauf gelassen. Er hatte praktisch jedes Detail seines Tourenrades neu erfunden, weshalb aus jedem Blickwinkel noch nie gesehenen Details aufblitzen: Die vordere Bremse ist auf unglaubliche Art um die Ecke gedacht, die hintere wird über zwei Seile betätigt, und die Luftpumpe ist unsichtbar im Rahmen versenkt.

    Auf liebevoll ausgeführte Ausstattungsdetails kann dagegen das italienische »Rigi bici corta« (bici corta = kurzes Rad) verzichten. »Made in Italy« als Statement. Die Rennmaschine hat einen edel glänzenden Edelstahlrahmen, dessen Sattelrohr elegant geteilt ist, damit es dem Hinterrad nicht im Weg steht. Das bici corta kann somit um sechs Zentimeter kürzer sein als konventionell gefertigte Rennräder und verspricht perfekte Wendigkeit beim Zeitfahren und souveräne Fahreigenschaften bei Bergrennen.

    Dass man in Italien experimentierfreudig ist, zeigt aber auch das »Bianchi C-4 Project« aus dem Jahr 1987, dessen Form aus einem Comic stammen könnte. Der Carbon-Rahmen wirkt wie organisch gewachsen, fließend und muskulös. Schon 1987 konnte das Bianchi-Team mit diesem Rad der Zukunft beim Giro d'Italia antreten und war mit der hohlen Carbonstruktur auf zwei Rädern seiner Zeit weit voraus.

    Dass das Fahrrad auch Stardesigner zum Nachdenken gebracht hat, zeigt das »Zoombike« von Richard Sapper, der weltweit mit seinem Alessi-Teekessel und einer Kaffeemaschine bekannt geworden ist. Für sein Fahrrad mit dem programmatischen Namen »Zoombike« hat er zehn Jahre den öffentlichen Verkehr in Großstädten studiert. Das Aluminium-Klapprad sollte in Kombination mit Bus oder Bahn die Mobilität der Stadtbewohner beschleunigen.

    Die Ausstellung ist bei freiem Eintritt bis 15. Jänner geöffnet. Wer nach dem Schisport in den Weihnachtsferien Erinnerungen an den Radsommer auffrischen will, kann die Ausstellung von Montag, 26. bis Freitag, 30. Dezember täglich zwischen 17 und 20 Uhr besuchen. Die Führungen an diesen Tagen finden um 18.00 Uhr statt. Führungen während der normalen Öffnungstage jeweils am Freitag um 19 Uhr, am Samstag und Sonntag um 16 Uhr bieten zwei einfache physikalische Rad-Experimente und historische Hintergründe für manche Lösungen und Irrwege im Fahrrad-Design.

  • wheels of change

    2011-11-12

    wheels of change

    fahrräder aus der embacher collection

    Führungen durch die Ausstellung
    FR um 19:00 Uhr
    SA und SO um 16:00 Uhr
    und auf Anfrage
    0 676 / 84 05 32 700

    »Die spielerischen, experimentellen und kreativen Elemente eines Fahrrades sind … ebenso wichtig wie jene Rolle, die es in der Geschichte gespielt hat.« (Michael Embacher)

    Das Kugellager, die Rollenkette, Drahtspeichen, Luftreifen, Stahlrohre und Differenzialgetriebe … zahlreiche technische Erfindungen haben einen Ursprung – das Fahrrad.

    Vielleicht bestand aber seine größte Wirkung darin, dass es um 1900 die bis dahin rigiden Schranken zwischen Klassen und Geschlechtern aufbrach – dem Fahrrad haftet etwas Demokratisches an: damals wie heute stillt das Fahrrad die Sehnsucht nach Unabhängigkeit und Mobilität.

    Arthur Conan Doyle schreibt 1896: »Wenn du niedergeschlagen bist, wenn dir die Tage immer dunkler vorkommen, wenn dir die Arbeit nur noch monoton erscheint, wenn es dir fast sinnlos erscheint, überhaupt noch zu hoffen, dann setz dich einfach aufs Fahrrad, um die Straße hinunterzujagen, ohne Gedanken an irgendetwas außer deinen wilden Ritt.«

    Und wie man diesen wilden Ritt, wie man die Umsetzung menschlicher Energie in ein Maximum an Mobilität – das ist das Fahrrad – unternehmen kann, das zeigen die in Absam ausgestellten Räder aus der weltberühmten Embacher collection: im Steilen rückwärts tretend auf dem Rétro-Direct – oder auf Eis mit dem Capo Elite, einer gelungene Kreuzung des Eislaufschuhs mit dem Fahrrad – oder ganz aus der Mitte mit dem Gazelle Champion Mondial, dessen Pedale exzentrisch am Ende der Tretkurbel montiert sind – oder mit dem Bianchi C-4 Project, einem Karbon-Rad aus dem Jahr 1988, dessen Form von einem Comic inspiriert sein könnte .


GemeindeMuseumAbsam
Im alten Kirchenwirt
Walburga-Schindl-Straße 31
A – 6067 Absam

Öffnungszeiten
Freitag 18 – 20 Uhr
Samstag 14 – 17 Uhr
Sonntag 14 – 17 Uhr

Information und Führungen
Matthias Breit 
0 676 / 84 05 32 700
kontakt@absammuseum.at

Kontoverbindung
Museumsverein Absam
IBAN: AT98 3620 0000 0003 1542 
BIC: RZTIAT 22200

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