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  • Das Lager, das Denkmal und der Müll

    2015-07-25

    Das Lager, das Denkmal und der Müll

    Das Arbeitserziehungslager Innsbruck-Reichenau
    vor und nach 1945

    Vortrag mit zahlreichen Dokumenten und Interviewausschnitten von ehemaligen Reichenau-Häftlingen im Gemeindemuseum Absam

    Ort der Herrschaft

    Wie andere Arbeitserziehungslager, entwickelte sich das Lager Innsbruck-Reichenau ab 1942 zu einem bedeutenden Herrschaftsinstrument im Gau Tirol-Vorarlberg:

    Als Gemeinschaftsprojekt der regionalen Gestapo, des Arbeitsamtes und regionaler Wirtschaftsbetriebe diente das Arbeitserziehungslager Reichenau der Disziplinierung und Ausbeutung von Zwangsarbeitern, der Inhaftierung politischer Gegner und als Durchgangslager für italienische Jüdinnen und Juden im Zuge ihrer Deportation.

    Diese Mehrfachfunktion als Anhalte-, Straf- und Haftlager gibt Aufschluss darüber, wie NS-Herrschaft auf regionaler Ebene funktionierte, wie lokale Wirtschaftsinteressen in das System der Unterdrückung eingebunden waren und damit generell über lokale Zusammenhänge des NS-Regimes.

    Unsichtbar

    Das im Jahr 1972 errichtete Denkmal in der Reichenau gibt aber bis heute wenig Auskunft über diese Geschichte: Die größte Häftlingsgruppe, die tausenden Zwangsarbeiter, die die Gestapo in der Reichenau von 1942 bis 1945 eingesperrt hatte und die im Zuge ihrer Bestrafung im Großraum Innsbruck in Außenkommandos Strafarbeit leisten mussten, wird nicht einmal erwähnt.

    So hat die Stadt den Bombenräumkommandos aus der Reichenau die Beseitigung zahlreicher Blindgänger ab Dezember 1943 zu verdanken. Auch das rote Dreieck am Denkmal suggeriert, dass es sich um ein Lager für politische Häftlinge gehandelt hätte (in den Konzentrationslagern stigmatisierte die SS die Politischen mit einem roten, dreieckigen Stoffaufnäher). Auf einem Wegweiser wird aus dem Gestapolager Reichenau ein Konzentrationslager gemacht.

    Grenzen der Erinnerung

    Aber gerade aufgrund dieser zahlreichen »Unstimmigkeiten« gibt das Denkmal Auskunft über die Grenzen der Erinnerung an den Nationalsozialismus in Tirol ab den 1970er Jahren. Wahrgenommen wird das Denkmal von den Tausenden, die dahinter immer wieder fein säuberlich ihren Müll trennen, kaum …

    Eintritt frei

  • Das Lager, das Denkmal und der Müll

    2015-07-24

    Das Lager, das Denkmal und der Müll

    Das Arbeitserziehungslager Innsbruck-Reichenau
    vor und nach 1945

    Vortrag mit zahlreichen Dokumenten und Interviewausschnitten von ehemaligen Reichenau-Häftlingen im Gemeindemuseum Absam

    Ort der Herrschaft

    Wie andere Arbeitserziehungslager, entwickelte sich das Lager Innsbruck-Reichenau ab 1942 zu einem bedeutenden Herrschaftsinstrument im Gau Tirol-Vorarlberg:

    Als Gemeinschaftsprojekt der regionalen Gestapo, des Arbeitsamtes und regionaler Wirtschaftsbetriebe diente das Arbeitserziehungslager Reichenau der Disziplinierung und Ausbeutung von Zwangsarbeitern, der Inhaftierung politischer Gegner und als Durchgangslager für italienische Jüdinnen und Juden im Zuge ihrer Deportation.

    Diese Mehrfachfunktion als Anhalte-, Straf- und Haftlager gibt Aufschluss darüber, wie NS-Herrschaft auf regionaler Ebene funktionierte, wie lokale Wirtschaftsinteressen in das System der Unterdrückung eingebunden waren und damit generell über lokale Zusammenhänge des NS-Regimes.

    Unsichtbar

    Das im Jahr 1972 errichtete Denkmal in der Reichenau gibt aber bis heute wenig Auskunft über diese Geschichte: Die größte Häftlingsgruppe, die tausenden Zwangsarbeiter, die die Gestapo in der Reichenau von 1942 bis 1945 eingesperrt hatte und die im Zuge ihrer Bestrafung im Großraum Innsbruck in Außenkommandos Strafarbeit leisten mussten, wird nicht einmal erwähnt.

    So hat die Stadt den Bombenräumkommandos aus der Reichenau die Beseitigung zahlreicher Blindgänger ab Dezember 1943 zu verdanken. Auch das rote Dreieck am Denkmal suggeriert, dass es sich um ein Lager für politische Häftlinge gehandelt hätte (in den Konzentrationslagern stigmatisierte die SS die Politischen mit einem roten, dreieckigen Stoffaufnäher). Auf einem Wegweiser wird aus dem Gestapolager Reichenau ein Konzentrationslager gemacht.

    Grenzen der Erinnerung

    Aber gerade aufgrund dieser zahlreichen »Unstimmigkeiten« gibt das Denkmal Auskunft über die Grenzen der Erinnerung an den Nationalsozialismus in Tirol ab den 1970er Jahren. Wahrgenommen wird das Denkmal von den Tausenden, die dahinter immer wieder fein säuberlich ihren Müll trennen, kaum …

    Eintritt frei

  • »Auf dem Weg tote Juden, die an Schwäche gestorben waren«

    2015-07-17

    »Auf dem Weg tote Juden, die an Schwäche gestorben waren«

    Der Todesmarsch Ende April 1945 in Seefeld

    Vortrag
    FR 17. Juli 20 Uhr
    mit Mag. Albert Knoll
    von der Gedenkstätte Dachau

    SA 18. Juli 16 Uhr
    SO 19. Juli 16 Uhr

    Hörabend
    SO 19. Juli 20 Uhr
    »Der Todesmarsch 1945
    über die Eisenstraße nach Mauthausen.«
    Ein Radio-Feature von Bert Breit (2000)

    Ende April 1945 zwang die SS im KZ Dachau Tausende Häftlinge das Lager Richtung Tirol zu verlassen. Die Organisatoren dieser Todesmärsche Richtung Süden hatten das Massensterben eingeplant:

    Die Wachmannschaften und Transportbegleiter erhielten den Befehl, sowohl Flüchtende als auch Nichtmarschfähige zu erschießen.

    Die Realität dieser Todesmärsche verschleiernd hat die NS-Bürokratie diese Züge von ausgemergelten, hungernden und geschwächten Gefangenen »Evakuierungstransporte« genannt.

    Seefeld/Mösern

    Mindestens einer dieser »Transporte«, mit denen Häftlinge vor den anrückenden amerikanischen Truppen aus Dachau fortgeschafft werden sollten, erreichte am 28. April den Bahnhof Seefeld.

    Schon während der dreitägigen Bahnfahrt starben zahlreiche der ca. 1700 jüdischen Häftlinge dieses »Transports«. Begleitet wurde dieser »Todeszug« von ungefähr 100 SS-Wachposten. Ziel dieses Transports war offenbar die Gegend um Ötztal.

    Da die Eisenbahnverbindung Seefeld–Innsbruck nach alliierten Luftangriffen unterbrochen war, zwangen die Bewacher die KZ-Häftlinge aus dem Zug, sie sollten zu Fuß über Mösern und Telfs nach Ötztal getrieben werden.

    Gauleiter Hofer hatte aber dem Gendarmerieposten Seefeld den Befehl gegeben, den Zug wieder zu sammeln und von Seefeld nach Bayern zurückzutransportieren. Kurz vor Kriegsende wollte die Gauleitung offenbar nicht noch in die Endphase des Holocaust verwickelt werden.

    Trotzdem begann die Wachmannschaft, die Häftlinge noch am Abend des 28. April von Seefeld nach Mösern zu treiben.

    Der Historiker Stefan Dietrich schreibt: »Dann begann für die völlig entkräfteten Männer ein Leidens- und Todesmarsch. In Kolonnen marschierten die Häftlinge nach Mösern, das sie noch am Abend des 28. April erreichten. In dem kleinen, zur Gemeinde Telfs gehörenden Bergdorf, verbrachten sie in Heustadeln und unter freiem Himmel die Nacht. Augenzeugen erinnern sich an den schrecklichen Anblick, den die total entkräfteten, völlig ausgemergelten und zum Teil schwerkranken Gefangenen boten. Mehrere von ihnen hatte der nur wenige Kilometer lange Marsch so angestrengt, dass sie unterwegs bzw. in Mösern starben.«

    Tod am Wegrand

    Einer der Zusammengebrochenen war Josef Markovsky aus Radom. Schon am nächsten Tag jedoch, dem Befehl von Gauleiter Hofer entsprechend, zwingt die SS-Wachmannschaft die Häftlingskolonne zurück nach Seefeld, um sie über die Grenze nach Bayern »abzuschieben«.

    Stefan Dietrich: »Zahlreiche Häftlinge waren jedoch in einem so erbärmlichen Zustand, dass sie auf Pferdegespannen und Karren transportiert werden mussten, die örtliche Bauern zur Verfügung stellten. […] Auch auf dem Rückweg nach Seefeld brachen zahlreiche Gefangene zusammen und starben am Wegesrand. Diese Toten wurden später von Möserer Bauern aufgesammelt und am Weg nach Seefeld begraben.«


GemeindeMuseumAbsam
Im alten Kirchenwirt
Walburga-Schindl-Straße 31
A – 6067 Absam

Öffnungszeiten
Freitag 18 – 20 Uhr
Samstag 14 – 17 Uhr
Sonntag 14 – 17 Uhr

Information und Führungen
Matthias Breit 
0 676 / 84 05 32 700
kontakt@absammuseum.at

Kontoverbindung
Museumsverein Absam
IBAN: AT98 3620 0000 0003 1542 
BIC: RZTIAT 22200

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