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  • Unter Tag

    2023-09-05

    Unter Tag

    Nachrichten von Arbeit und Leben am Absamer Salzberg

    Der k. k. Sektionsrat Alois Richard Schmidt (1804–1899) war Montanist, er war Markscheider im Range eines k.k. Regierungs-Sekretärs und er war Mitglied des geognostisch-montanistischen Vereins in Tyrol – vermeintlich also durch und durch ein Beamter des 19. Jahrhunderts.

    Über Schmidts Tätigkeit als »k. k. Salzbergverwalter zu Hall« schrieb der Historiker Rudolf Palme: »Während der Abbau der Salzlagerstätte bisher regellos erfolgt war, begann ab dem Jahr 1835 unter dem Bergverwalter Alois Schmidt eine systematische Aufschließung und Ausrichtung des Bergbaues.«

    Alois Richard Schmidt passte also so gar nicht ins Bild des obrigkeitshörigen Habsburgischen Staatsdieners, der in Formalitäten und Hierarchien gefangen, ohne Eigenverantwortung Anordnungen exekutiert und dessen Heilige Schrift der Hof- und Amtsschematismus war. Dementsprechend aufgebläht war die Verwaltung zu Schmidts Zeiten: Rechnungsofficiale, Ingrossisten, Registratoren, Registratursadjunkten, Protokollisten und Expeditoren, Kanzlisten, Akcessisten mit all ihren Rats-, Registraturs- und Expeditsdienern bevölkerten die Salzbergverwaltung in Hall.

    Auch nach seiner »Provisionierung« – das ist die Pensionierung – sorgte Schmidt in den 1880er Jahren für Unerhörtes: Er lieferte der in Tirol Ende des 19. Jahrhunderts immer noch vollkommen unterentwickelten bürgerlichen Öffentlichkeit Informationen, indem er im »Boten für Tirol und Vorarlberg« eine lange Artikelserie mit dem listig-harmlosen Titel »Rückerinnerungen an den Haller Salzberg« publizierte.

    Wer in Tirol wissen wollte, wie die Habsburger am Beginn des 19. Jahrhunderts nach dem Aufschwung am Salzberg im Halltal unter der bayrischen Verwaltung den Betrieb heruntergewirtschaftet haben und welche Gefahren im Berg und am Berg in Kauf genommen wurden, konnte sich bei Schmidt darüber fundiert informieren: Reduktion des Grubengebäudes, Abbau der Stammbelegschaft (innerhalb von 100 Jahren auf ein Viertel), Ausweichen bei Produktionsspitzen auf schnell angeheuerte »große und kleine« Hilfskräfte, Alkoholismus, die Unzulänglichkeit der Bauwerke angesichts der Lawinengefahren und viele andere Fehlentwicklungen spricht Schmidt offen an.

    In einem Staat, der seit bald 100 Jahren darunter leidet, dass Information von Amtswegen hierzulande immer noch als Gnade gilt, die nur bei Wohlverhalten gewährt wird, könnte somit Alois Richard Schmidt noch heute als Vorbild gelten. Ist Österreich doch die letzte europäische Demokratie, in der das Amtsgeheimnis seit 1925 in der Verfassung festgeschrieben ist. Wer also glaubt, dass alles, was aus Steuergeld finanziert wird, offengelegt werden müsste, täuscht sich bis heute gewaltig. Schweigen bleibt Teil der oberste Pflichten in der Amtsstube. Alois Richard Schmidt hat es für den Absamer Salzberg und die Haller Saline bereits in den 1880er Jahren gebrochen.

    Für den Podcast des Gemeindemuseums Absam hat Rainer Egger die Auswahl der vor rund 150 Jahren publizierten Texte gelesen, die Musik dazu gespielt hat Matthias Legner.

  • Die soziale Realität von Fabrikarbeiterinnen

    2023-08-24

    Die soziale Realität von Fabrikarbeiterinnen

    in der Textilindustrie der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts

    Vortrag von Alina Nederegger
    Donnerstag 24. 8. um 20 uhr Gemeindemuseum Absam

    »eigentlich gesetzeswidrig«

    »Die soziale Realität von Fabrikarbeiterinnen in der Tiroler Textilindustrie während der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Unter besonderer Berücksichtigung der Firma Herrburger und Rhomberg«

    Unter diesem Titel hat Alina Nederegger im Sommersemester 2022 im Rahmen ihres Studiums der Geschichte an der Universität Innsbruck eine wissenschaftliche Arbeit geschrieben.

    Im Kapitel über die Arbeitsverhältnisse in der Textilindustrie schreibt sie: »Im Absamer Gemeindemuseum [ lässt ] sich ein Arbeiterbuch finden, welches die Ein- und Austritte in den Betriebe der Firma Herrburger und Rhomberg in den Jahren 1847 bis 1894 festhält. Darin werden Name, Jahr des Ein- und Austritts, Heimatgemeinde, Wohnort, Geburtsjahr, Legitimation und Beschäftigung der einzelnen ArbeiterInnen angeführt. Man sieht  daher: Die in Absam Arbeitenden kamen aus allen Teilen des historischen Tirol und darüber hinaus. Teilweise traten mehrere Mitglieder einer Familie zugleich in die Firma ein. Man findet bis zum Jahr 1894 auch ArbeiterInnen, welche bereits im Alter von 13 Jahren in Absam zu arbeiten anfingen. … Dies [ wäre ], zumindest nach 1885, eigentlich gesetzeswidrig gewesen. Die Geschlechterverteilung variiert je nach Jahr. Anhand von zwei ausgewählten Jahren – 1859 und 1888 – konnte aber eine leichte Dominanz von weiblichen Arbeitskräften festgestellt werden. Hier trafen auf insgesamt 60 in Absam beschäftigte Männer 90 Frauen.«

    Mehr dazu erfahren Sie am Donnerstag, 24. August, um 20 Uhr beim Vortrag von Alina Nederegger im Museum Absam.

    Alina Nederegger

    aus Brixlegg studiert an der Universität Innsbruck Geschichte und Kunstgeschichte. Die Beschäftigung mit feministischen Themen führte sie zur Geschichte marginalisierter Gruppen. Sie konzentriert sich vor allem auf Geschlechtergeschichte im 19. Jahrhundert.

    Dementsprechend schrieb sie bisher zwei Arbeiten, die zum einen die soziale Realität von Fabriksarbeiterinnen in Tirol in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts und zum anderen Männlichkeit in der Kriegsberichterstattung des ersten Weltkrieges thematisierten.

  • Was Sie schon immer über Stainer wissen wollten,

    2023-08-13

    Was Sie schon immer über
    Stainer wissen wollten,

    aber bisher nicht zu fragen wagten

    Führung mit Hörexperimenten
    Sonntag 13. August um 15 Uhr

    Fingerabdruck aus Holz

    Über Jacob Stainers Leben wissen wir wenig –  das früheste schriftliche Dokument, eine banale Rechnung für die Reparatur einer Geige, stammt aus dem Jahr 1644 . Die großen Lücken in seiner Biografie wurden im 19. Jahrhundert – Stainer wurde als »Vater der deutschen Geige« nationalisiert – mit zahlreichen Legenden gefüllt.

    Und auch seine Instrumente geben, nur von außen betrachtet, wenig von seinem Konzept preis – die Legende von den Stainer-spezifischen Löwenköpfen (anstatt der Schnecke) gehört schon längst eingemottet.

    Auch, dass alle seine Decken »hoch gewölbt« seien, beschreibt nur ungenau, was die Idee von Jacob Stainer ausgemacht hat.

    Grenzgänger

    Ein Merkmal jedoch, das Stainers Instrumente z. B. von denen aus Cremona (Amati, Stradivari, Guaneri) unterscheidet, ist die variierende Holzstärke bei seinen Decken und Böden – also etwas, das man Instrumenten, die in Vitrinen ausgestellt sind, niemals ansehen könnte.

    Rudolf Hopfner, der Direktor der Sammlung alter Musikinstrumente im Kunsthistorischen Museum Wien, schreibt: »Bei den klassischen italienischen Arbeiten, vor allem jenen Stradivaris, sind die Deckenstärken in der Mitte und am Rand annähernd gleich. Anders bei Stainer, der einem stärkeren Zentrum […] einen dünnen Rand gegenüberstellt. Mit Stärken unter zwei Millimeter geht er im Bereich der Hohlkehle an die Stabilitätsgrenze des Fichtenholzes. Physikalisch gesehen ähnelt dieses Konzept einer Lautsprechermembran, die am Rand eine flexible Aufhängung besitzt.«

    Spürbar

    Bei unseren Führungen zeigen wir Ihnen eine Art Fingerabdruck von Jacob Stainer : der Vergleich der Holzstärke einer Stainer- und einer Stradivari-Violine macht Stainers Konzept sichtbar. Außerdem demonstrieren wir auf einfachste Weise (wenn Sie wollen, auch an Ihrer Schläfe) den unvorstellbar großen Einfluss des Holzes auf den Klang … u.v.m.

    Führung mit Hörexperimenten

    Sonntag 13. August
    um 15 Uhr

    Eintrittfrei


GemeindeMuseumAbsam
Im alten Kirchenwirt
Walburga-Schindl-Straße 31
A – 6067 Absam

Öffnungszeiten
Freitag 18 – 20 Uhr
Samstag 14 – 17 Uhr
Sonntag 14 – 17 Uhr

Information und Führungen
Matthias Breit 
0 676 / 84 05 32 700
kontakt@absammuseum.at

Kontoverbindung
Museumsverein Absam
IBAN: AT98 3620 0000 0003 1542 
BIC: RZTIAT 22200

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